Teneriffa ist eine echte Urlaubsinsel und ein Paradies für Reisende die gern im Meer baden, durch die Berge wandern und mit dem Mietwagen die Insel erkunden. Doch ist die größte der sieben kanarischen Inseln auch ein barrierefreies Urlaubsziel für Menschen mit motorischen Einschränkungen?
Wir können es ehrlich gesagt schwer beurteilen und haben daher Simone gefragt, ob sie uns als Rollstuhlfahrerin in diesem Gastbeitrag berichten kann, ob Teneriffa ein barrierefreies Reiseziel ist.
1. Mein barrierefreies Paradies
Die Sonne strahlt, das Wellenrauschen ist kaum zu überhören und ich genieße einfach das Gefühl im Wasser zu sein. Sechs Jahre musste ich warten, um diese Gelegenheit wahrnehmen zu können. Ich hätte niemals gedacht, dass ich als Rollstuhlfahrerin jemals wieder im Meer schwimmen könnte, denn vor sechs Jahren erlitt ich eine Gehirnblutung, die mein Leben komplett auf den Kopf stellte.
Ich saß jetzt im Rollstuhl und dachte, ich könnte nie wieder reisen, geschweige denn im Meer schwimmen gehen! Doch genau das ist auf Teneriffa möglich. Teneriffa ist nicht ohne Grund ein beliebtes Reiseziel bei Menschen mit Behinderungen.
2. Wieso ist Teneriffa so barrierefrei?
Laut der Tourismusbeauftragten Noemi Diaz Delgado „waren die Schweden daran schuld“, denn mit ihnen fing alles an.
Eine Gruppe abenteuerlustiger Jugendlicher, die an MS (Multiple Sklerose) erkrankt waren, besuchte 1957 Teneriffa. Die Jugendlichen waren auf der Suche nach einem klimatisch passenden Urlaubsort im Süden der Kanareninseln. Nachdem skandinavische Fernsehteams über die Reise berichtet hatten, kamen immer mehr beeinträchtigte Besucher:innen.
Die Bewohner:innen der Insel erkannten schnell das Potenzial und bauten die Umgebung nach den Bedürfnissen der neuen Gäste um. Mittlerweile ist Teneriffa in puncto Barrierefreiheit eines der führenden Reiseziele Europas.
3. Wie zugänglich sind die Hotels auf Teneriffa?
Wie barrierefrei ist Teneriffa denn jetzt wirklich?
Es gibt viele behindertengerechte Unterkünfte auf der Insel. Ich selbst war bereits in zwei verschiedenen Hotels und möchte diese Erfahrung mit euch teilen.
Eines der Hotels ist explizit auf Menschen mit Einschränkungen eingestellt, sozusagen ein Kurhotel. Beim zweiten Hotel handelt es sich um ein ganz normales Hotel, welches einige rollstuhlgerechte Zimmer besitzt. Nachfolgend werde ich auf meine zwei Erfahrungen eingehen.
3.1 Das Kurhotel Mar y Sol
Das Kurhotel Mar y Sol ist super geeignet für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung! Angefangen von der Lage, den Zimmern, dem Poolbereich und dem Service. Aber erstmal eins nach dem anderen.
Die Unterkunft befindet sich im Süden von Teneriffa, ca. 800 Meter vom Zentrum Los Cristianos entfernt und du brauchst nicht lange um die 8 Kilometer lange, rollstuhlgerechte Strandpromenade zu erreichen.
Von dort aus kann der behindertengerechte Strandabschnitt erreicht werden. Dort ist das Baden im Meer mit Hilfe von besonderen Amphibienrollstühlen und geschultem Personal möglich.
Im Hotel selbst gibt es einen auf ca. 32 Grad Celsius temperierten und einen nicht beheizten Pool. Beide Becken haben einen Hydraulik-Sitzlifter und ermöglichen jedem/r Rollstuhlfahrer:in das Schwimmen. Wer sich unsicher im Wasser fühlt – keine Sorge – das Hotel kann dir Schwimmnudeln zur Verfügung stellen.
Auch die Liegen sind auf Rollstuhlfahrer:innen angepasst, sie sind nämlich erhöht und erleichtern somit das Umsetzen.
Die Zimmer besitzen unterfahrbare Küchenzeilen, das Bad hat eine befahrbare Dusche, Dusch- und Toilettenstühle werden nach vorheriger Anmeldung sogar kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Zusätzlich gibt es ein Therapiezentrum mit einer großen Auswahl an unterschiedlichen Behandlungen. Sogar Hilfsmittel jeglicher Art werden verliehen.
Du siehst, hier bist du bestens versorgt und du musst dir keine Sorgen über fehlende Unterstützung oder Hilfsmittel machen.
Ich muss sagen, ich war richtig beeindruckt von der Zugänglichkeit dieses Hotels und ich wusste gar nicht, dass es solch spezialisierte Hotels überhaupt gibt.
3.2 Wie sieht es mit normalen Hotels auf Teneriffa aus?
Aber natürlich kannst du als Rollstuhlfahrer:in auch ein Zimmer in normalen Hotels buchen, denn Hotels haben meistens einige rollstuhlgerechte Zimmer parat. Wobei „rollstuhlgerecht“ immer eine Definitionssache ist.
Besondere Duschstühle gibt es nicht immer! Ich nutze dann einfach die Stühle, die auf der Terrasse stehen. Einmal den Stuhl abduschen und schon ist er bereit zum Einsatz. Und falls mal keine Terrasse mit Stuhl vorhanden ist, frage ich einfach an der Rezeption nach einem Plastikstuhl.
Eine kurze Angabe, dass ich den zum Duschen brauche und schon helfen die Mitarbeiter:innen aus. Manchmal können sie sogar einen richtigen Duschstuhl auftreiben.
Eins muss man den Leuten auf der Insel lassen, sie sind alle bemüht zu helfen und versprühen so viel Gastfreundlichkeit, es ist unglaublich.
Tipp: Möchtest du deinen Urlaub lieber in einem Ferienhaus verbringen? Auf HomeToGo kannst du nach barrierefreien Ferienunterkünften suchen.
4. Wie kommst du auf Teneriffa mit Rollstuhl ins Wasser?
Wie bereits erwähnt, gibt es in Los Cristianos eine 8 Kilometer lange rollstuhlgerechte Strandpromenade mit einem barrierefreien Badeabschnitt.
Hier musst du dir keine Sorgen machen, dass du dich mit dem Rollstuhl bis zum Wasser quälen musst. Es gibt Holzwege zu den Liegen und Rettungsschwimmer:innen, die mit dir ins Wasser gehen. Ja genau, die Restungsschwimmer:innen hier gehen mit dir ins Wasser und bleiben auch bei dir.
Aber wie genau läuft das jetzt ab?
Bist du an dem barrierefreien Strandabschnitt „Playa de las Vistas“ angekommen, musst du nach den Rettungsschwimmer:innen Ausschau halten, denn bei diesen musst du dich in eine Warteliste eintragen. Wenn du an der Reihe bist, kommen mindestens zwei Rettungsschwimmer:innen mit einem Amphibienfahrzeug und helfen dir beim reinsetzen.
Das Besondere an dem Amphibienfahrzeug ist, dass du durch die breiten Räder nicht im Sand stecken bleibst und so problemlos überall am Strand hingefahren werden kannst.
Mit dem Amphibienfahrzeug geht es dann auch schon ins Wasser, wo das Personal anschließend 15 Minuten mit dir verbringt. Dadurch, dass ich gleich ein paar Schwimmnudeln unter die Arme und Beine bekommen habe und das Personal stets an meiner Seite war, konnte ich sorgenfrei die Wellen genießen.
Wenn die Zeit rum ist, wirst du mit dem Amphibienfahrzeug aus dem Wasser herausgefahren und zu deinem Platz geschoben. Mit so einem Rundum-Service hatte ich echt nicht gerechnet, aber ich bin froh, dass es so etwas gibt.
5. Sogar Taxis sind auf Rollstuhlfahrer:innen eingestellt
Behindertengerechte Transporte gibt es auf Teneriffa zu genüge! Es gibt bis zu 136 behindertengerechte Niederflurbusse, die stufenlose Böden, elektronische Rampen und absenkbare seitliche Einstiegsebenen besitzen.
Allerdings solltest du dir bewusst sein, dass ein barrierefreier Bus nicht immer garantiert werden kann. Dafür gibt es zum Glück mehrere behindertengerechte Taxis, die Fahrten auf der gesamten Insel durchführen. Bei diesen Taxis handelt es sich um umgebaute Autos mit Rampen, welche den Zugang für Rollstuhlfahrer:innen direkt in den Insassenraum ermöglichen.
Tipp: Bei Wonderful Tenerife könnt ihr eine Auflistung der ganzen Anbieter sehen
Aber auch generell sind die Taxifahrer:innen sehr hilfsbereit und scheuen sich keine Mühen, anzupacken und zu helfen! Da kannst du mir ruhig glauben, ich spreche aus Erfahrung. Ohne groß was zu sagen, hatte mich ein Taxifahrer einmal aus dem Rollstuhl getragen und auf den Beifahrersitz gesetzt.
Die Taxis fahren nicht nur Kurzstrecken, sondern auch ganze Inseltouren. Diese Touren können bei der Service-Station des Kurhotels Mar y Sol gebucht werden. Die Reisebusse sind mit Hubliftern ausgestattet, womit Rollstuhlfahrer:innen problemlos in den hohen Reisebus reinkommen…und schon kann die Bustour mit Führung beginnen.
Aber nun möchte ich euch noch zwei weitere persönliche Highlights von mir vorstellen: Eine Wal- und Delfinbeobachtung sowie die Möglichkeit, als Rollstuhlfahrer:in zu Paragliden.
6. Einmal weit hinaus aufs Meer bitte!
Eine barrierefreie Wal- und Delfinbeobachtung kannst du mit dem Schiff Shogun machen. Die Abfahrt findet am Hafen in Puerto Colón statt. Über Rampen und mit Hilfe des Personals kommst du problemlos mit dem Rollstuhl auf das Schiff.
Die Shogun besitzt zwei Decks und drei Toiletten, eine davon ist behindertengerecht, d. h. da kannst du mit dem Rollstuhl rein. Aber das macht es definitiv nicht leichter, dort auf Toilette zu gehen, denn die Wellen und das Geschaukel sind gnadenlos.
Der Ausflug dauert insgesamt 5 Stunden und mit Glück siehst du Delphine und Pilotwale. Ich sage „Glück“, weil ich auf meiner Bootstour viele Tiere sehen konnte, während ich Bewertungen gelesen habe, in denen sich Leute beschweren, dass sie nichts gesehen haben. Das hängt einfach alles von Mutter Natur ab.
Jedenfalls ging es nach der Beobachtung in die Bucht von Masca, wo du die Klippen von Los Gigantes genießen kannst – einer der Top Sehenswürdigkeiten von Teneriffa. Die Klippen sind ca. 9,6 Kilometer lang und können bis zu 450 Meter hoch sein. Damit ist Los Gigantes die zweitgrößte Steilküste Europas.
Hier haben wir den Anker gesetzt und konnten Mittagessen. Ein kleiner Tipp: Wenn du weißt, dass du seekrank wirst, solltest du dir vor der Abfahrt Medikamente besorgen oder sogar schon die benötigten Tabletten schlucken, denn auch wenn der Anker gesetzt ist, bewegt sich das Schiff pausenlos und erschwert einem das Essen und Trinken.
Wer fertig mit Essen war, konnte nach einer kleinen Verdauungspause ins Wasser springen und sich eine kleine Abkühlung gönnen. Das ging für mich als Rollstuhlfahrerin leider nicht, aber die Begleitung durfte dafür das Wasser genießen.
Danach ging es schon zurück in den Hafen. 5 Stunden klingt nach viel, aber wenn man das Meer und den Wind genießt, dann merkt man gar nicht, wie schnell die Zeit vergehen kann. Ich persönlich kann diese barrierefreie Bootstour nur empfehlen! Ich muss aber auch ehrlich zugeben, dass ich nicht weiß, ob es überhaupt andere barrierefreie Anbieter gibt.
7. Barrierefreies Paragliding auf Teneriffa
Ein anderes Highlight meiner barrierefreien Teneriffa-Reise ist das Paragliding! Auf dieser kanarischen Insel ist es mir zum ersten Mal aufgefallen, dass es Anbieter gibt, die behinderten Menschen das Paragliden ermöglichen.
Ich habe mittlerweile zwei Anbieter testen können – beide haben eigene Ideen umgesetzt, welche ich euch im Nachfolgenden näher erläutern werde. Das Grundprinzip ist bei beiden Anbietern dasselbe, der/die Rollstuhlfahrer:in fliegt im „Sitzen“. Der Anbieter „Tenerfly“ hatte eine Art Seifenkiste aus Styropor gebaut, während der Anbieter „Flyinguide“ eher über eine „Trage“ verfügte.
Für mich waren beide Möglichkeiten gleich gut bequem, aber ich kann mir vorstellen, dass das Sitzen für den ein oder anderen in der Seifenkiste angenehmer ist. Allerdings muss ich hier gestehen, dass es schon etwas länger her ist, als ich auf Teneriffa war und dass ich bei meinen Recherchen entdeckt habe, dass „Flyinguide“ eine neue Art von Trage/Befestigung hat (ebenfalls eine Seifenkiste).
Ich kann dir nur empfehlen, dass du dich vor Ort bei den Reisebüros informieren solltest. Diese können dir die ganzen barrierefreien Anbieter aufzählen und du hast die Möglichkeit Preise zu vergleichen.
Aber jetzt zurück zum Paragliden: Es ist absolut nicht schlimm, wenn du die Beine nicht bewegen oder gar nicht stehen kannst. Die Abläufe funktionieren alle ohne stehen zu müssen, denn die Mitarbeiter:innen sind sehr hilfsbereit und Tragen dich in die Trage/Seifenkiste.
Allerdings gibt es tatsächlich eine Beschränkung, nämlich dein Gewicht – du darfst nicht zu schwer sein.
Du meldest dich einfach bei einem der unzähligen Reisebüros an und diese organisieren die Hin- und Rückfahrt mit Bus vom Hotel aus. Mit den Bus wirst du an einem Startpunkt gebracht. Wie schon geschrieben, musste ich kein einziges Mal stehen, die Mitarbeiter:innen haben mich jedes Mal getragen. Und auch wenn du nicht „frei sitzen“ kannst, irgendjemand wird dir immer helfen und dich stützen.
Nachdem die Gurte alle fixiert und ich fest gesichert war, hoben die Helfer das Gefährt an, indem ich sitzte, und mein Pilot nahm Anlauf und schon ging es in die Lüfte.
Es ist ein unbeschreibliches Gefühl! Dieses Kribbeln im Bauch! Ich muss ja zugeben, ich dachte meine Spastik könnte einschießen, aber das tat sie zum Glück kaum. Auch mit einer Streckspastik konnte ich am Paragliding teilnehmen, denn mein Körper konnte in der Luft einfach entspannen. Aber das ist natürlich nur mein Empfinden, ich kann nicht sagen, wie es sich bei dir auswirken würde, aber ich bin einfach froh, dass ich es tatsächlich gewagt habe und mich nicht von meiner Behinderung eingeschüchtert lassen habe.
Und deshalb kann ich es nur jedem ans Herz legen, trau dich, wenn du es probieren willst.
Soviel zu meinen rollstuhlgerechten Reiseerfahrungen in Teneriffa. Ich hoffe ich konnte dir eine kleine gute Auswahl an Aktivitäten präsentieren und wünsche dir eine schöne Zeit, falls du mal auf Teneriffa bist.
Viel Spaß,
deine Simone von PlaneSpoken =)
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Über die Autorin
Hallöchen ihr Lieben! Mein Name ist Simone und ich führe den etwas anderen Reise- und Freizeitblog PlaneSpoken. Der Blog ist in dem Sinne anders, da ich aus der Perspektive einer Rollstuhlfahrerin über meine Reisen berichte. Ich hoffe damit anderen Menschen mit einer Einschränkung Mut machen zu können und ihnen die Angst und Unsicherheit vor dem Reisen nehmen zu können. Denn Reisen ist etwas Schönes, was jeder von uns erleben können sollte.